Seit längerem habe ich mal wieder ein Buch gelesen, welches mich voll und ganz in seinen Bann gezogen hat. An dessen Geschichte ich im Laufe des Tages immer mal wieder denken musste und die mir abends zuflüsterte: "Mach die Glotze aus! Geh' ins Bett! Lies weiter!". Ich habe mich nicht lange bitten lassen, denn ich habe jeden Abend darauf gebrannt, endlich weiterlesen zu dürfen.
Es geht um Abel, den alle nur den polnischen Kurzwarenhändler nennen, weil er jeden Tag in den Pausen auf dem Schulhof steht, die Hände in den Taschen vergraben, seine Ohren mit weißen Ohrstöpseln verschlossen. Und es geht um Anna. Eine gute Schülerin, die in ihrer Freizeit Querflöte spielt und sich mit ihrer Freundin Gitta trifft.
Eines Tages spricht Abel mit Anna.
Von diesem Zeitpunkt an klebt Anna an Abels Lippen, denn Abel ist ein Märchenerzähler. Sie treffen sich, meist zusammen mit Abels kleiner Schwester Micha und Abel erzählt und erzählt. Von der kleinen Königin, dem Rosenmädchen, von dem Schiff mit den schwarzen Segeln, vom Leuchtturmwärter und der schlafenden Katze, der alles egal ist. Zusammen tauchen sie ab in diese Märchen-Fanatsie-Welt, die schön, aber auch sehr bedrohlich ist, denn die kleine Königin ist auf der Flucht.
Parallel findet die Realität statt. Es geht im Drogen, um Mord, Mißbrauch, Vertrauen, Allein-sein, Zusammen-sein, um Häuser mit blauer Luft und tristen Wohnungen in Wohnblocks. Es geht ums Abi, ums Sorgerecht und den Kampf gegen die Vergangenheit.
Der Märchenerzähler soll ein Jugendbuch sein, empfohlen ab 14 Jahren. Dem kann ich nicht ganz zustimmen. Ja, es geht um zwei 17-jährige und deren Alltagsprobleme, aber es geht noch um viel mehr, um grausame Dinge, die mich teilweise sehr bedrückt haben. Einer 14jährigen würde ich dieses Buch auf keinen Fall schenken. Aber vielleicht kenne ich auch einfach zu wenig 14jährige Mädels, um zu wissen, was die heute vom Leben wissen und was nicht. Hätte ich dieses Buch mit 14 gelesen, es hätte mich sicherlich ziemlich mitgenommen und lange Zeit nicht losgelassen.
Mein Fazit: absolut lesenswert (so ab 17 vielleicht!) ;-)
Liebe Grüße, Bine
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